Auf in den Heldentod & Tante NonNon: Die Geister, die ich nicht rief...

Wenn ihr Shigeru Mizuki noch nicht kennt, dann ist jetzt die Zeit reif für euer erstes Date mit ihm! 2019 ist nämlich ein prima Jahr zum Kennenlernen, denn dieses Jahr sind bereits drei Bände bei Reprodukt erschienen. Hurra!

Wenn ihr euch jetzt fragt: Shigeru Who..? Den guten Mann kenne ich auch erst seit 2017 (hier findet ihr meine Rezension über KITARO, meinen allerersten Manga von Mizuki). Der verrückte Mix aus feinen, detaillierten Hintergründen, den cartoonhaften Gesichtern der Figuren und dem schrägen Humor hatte mich schon damals fasziniert. Bisher gab es ihn ja nur auf englisch zu lesen, aber dank Reprodukt sind nun diese beiden Bände auf deutsch zu haben

Das Tolle: Beide Bände sind autobiografisch. Ja, auch der Band, in dem es um Yokai (japanische Dämonen & Geister) geht. Thihi. Und wer jetzt glaubt, dass der Kriegsband AUF IN DEN HELDENTOD! der dramatischere von beiden ist, der irrt sich...

Shigeru Mizuki: Tante NonNon / Reprodukt
Shigeru Mizuki: Tante NonNon / Reprodukt

Denn auch in Tante NonNon geht es um Leben und Tod! Na gut, vielmehr um das Leben und den Tod. Verrückt, so kleiner Artikel kann doch ganz schön was an Dramatik ausmachen, nech? Denn Yokai existieren um uns herum! Unbemerkt. Zumindest Tante NonNon ist fest davon überzeugt. Und es braucht auch nicht viele (meist) gruselige Gute Nacht-Geschichten, da ist auch der kleine Shigeru aka Gege davon überzeugt.

Als ihr Mann stirbt, nimmt die Familie des kleinen Shigeru sie auf. Gut für Gege! Denn nun kann er jeden Abend den Yokai-Geschichten seiner Tante lauschen und schon bald wird er auf seinen ersten Yokai treffen...

Auch wenn das erstmal nach gruseligem Klamauk klingt: In erster Linie geht es hier um Geges Familie, ihre Sorgen und Nöte. Leistungsdruck, Armut und auch die Schattenseiten der Geisha-Kultur sind hier Themen. Das musste ich erstmal zu schätzen lernen, denn zu Beginn meiner Lektüre war ich tatsächlich etwas ungeduldig, denn es wimmelt hier eben nicht von Anfang an vor lauter Yokai. Aber das Warten lohnt sich. Denn zum einen wächst einem die schrullige Familie wirklich ans Herz und zum anderen treiben die Yokai noch zu Genüge ihr Unwesen. Und das geht über harmlosen Schabernack hinaus, einige haben richtig miese Methoden: Da gibt es z.B. die Geister von verhungerten Wanderern, die einen erstarren lassen, bis man - im schlimmsten Fall - ebenso verhundert. Von den Nekota ganz zu schweigen. Die Geister, die aus den Knochen verstorbener Katzen erscheinen können. Huh!

Aber nicht immer sind die Yokai schuld, manchmal ist es auch „nur“ eine Krankheit wie Masern, die ein Kinderleben dahin raffen kann. Und so muss auch schon der kleine Gege den Tod kennenlernen. Als seine Cousine stirbt, fragt sich Gege, ob ihre Seele nun im Paradies sei. Tante NonNon antwortet ihm:

„Der größte Teil schon. Aber ein kleines Stück ist in den Herzen derer verblieben, die ihr nahestanden. Es wird ein Weilchen dauern, dann hast du dich an das Gewicht gewöhnt. Und dein Herz wächst, je mehr Seelen darin einziehen.

Hach... Wunderschön.

Shigeru Mizuki: Auf in den Heldentod! / Reprodukt
Shigeru Mizuki: Auf in den Heldentod! / Reprodukt

Apropos schön: Weniger schön ist, was Shigeru als junger Mann im Krieg erleben musste und in seinem Werk Auf in den Heldentod! verarbeitet. 1943 wurde er mit 21 Jahren von der Kaiserlichen Armee eingezogen und nach Papua-Neuguinea geschickt. Mit 500 anderen, größtenteils ebenso unerfahrenen Rekruten soll er die Stellung halten, die im Angesicht der bald eintreffenden Amerikaner nicht zu halten ist. In diesem Krieg verliert Shigeru einen Arm, erkrankt an Malaria und überlebt den Wahnsinn nur knapp.

Das (einzig) Gute daran: Mizuki hat seine Erlebnisse in diesen eindringlichen Manga über die Schrecken des Krieges gepackt. Auch wenn er sich viel Zeit für den Alltag der Soldaten zwischen Küchendienst, Maßregelungen und fleischlichen Gelüsten nimmt und dabei zwischendurch auch so etwas wie Heiterkeit aufkommt, sind gerade die letzten Seiten nichts für schwache Nerven. Denn Leichenberge aus Mizukis detailreicher Feder sind durchaus harter Tobak. Aber die eindringliche Geschichte mit ihrem autobiografischen Hintergrund auf jeden Fall einen Blick wert! Ich hoffe jedenfalls, dass Reprodukt auch noch Mizukis KITARO-Reihe auf deutsch veröffentlicht, das wäre ein Träumchen! Nachschub gibt es 2020 auf jeden Fall, das hat mein Adlerauge schon auf der Homepage von Reprodukt erspähen können... Hurra!

PS: Falls ihr noch wissen wollt, worum es im dritten Band geht, der dieses Jahr erschienen ist... Nun, das kann ich euch verraten: Hitler. Hitlers Geschichte als Manga. Verrückt!

 

Verlag: Reprodukt

Künstler: Shigeru Mizuki

Inhalt: 384 Seiten (Heldentod) & 416 Seiten (NonNon)

Preis: jeweils 20,00 Euro