WONDER WOMAN: Erde Eins um Mitternacht

Bekannten und beliebten (Comic-)Figuren einen neuen Anstrich verpassen oder sie direkt in eine alternative Realität verpflanzen? Na klar! Warum auch nicht? Meistens ist das ja sehr erfrischend. Meistens. Aber manchmal will der Funke einfach nicht überspringen. So geschehen bei Wonder Woman: Erde Eins. Zweiter Teil. Den ersten fand ich eigentlich ganz gut, aber der zweite... Puh, schiwerig.

Dabei werden in der Neuinterpretation von Dianas Origin durchaus ein paar frische Pinselstriche gewagt und ein paar spannende Fragen aufgeworfen: Wie würden im Jahr 2019 emanzipierte Frauen wirklich auf Wonder Woman reagieren? Wären sie restlos begeistert oder gäbe es auch kritische Stimmen? Kleiner Spoiler: Gibt es!

Der zweite Band setzt an, wo der erste aufgehört hat: Diana ist in der Welt der Menschen angekommen. So weit, so bekannt. Oder auch nicht: Steve und Etta Candy haben mal fix die Hautfarbe gewechselt (zumindest seit meinem letzten Wiedersehen mit den beiden), aber Wonder Woman (eher noch Wonder Girl..) wandelt frisch und munter durch die schöne neue Welt. Der Zeichenstil ist opulent, die Panel wirklich sehr hübsch und kreativ aufgebrochen, aber: Für meinen Geschmack hat Diana einen Hauch zu oft die Lippen geschürzt und ihr Dekolleté ist verdächtig oft in Szene gerückt. Irgendwie irritiert das, gerade im Kontext der sehr betonten Girl Power-Thematik. Nun, andererseits sieht man sie mit Hijab und deutlich dominanter Pose vor ihrem Gegenspieler, inklusive mehr als deutlicher SM-Referenz. Hm!

Vielleicht liegt mein Unmut also gar nicht an mangelnder Girl Power, sondern einfach an Diana selbst. Ich weiß es auch nicht. Aber wirklich sympathisch kommt sie für mich nicht rüber. Die Mischung aus übermütig und naiv will sich für mich persönlich einfach kein stimmiges Charakterbild ergeben. Auch die Gegenspielerin, Nazi-"Überfrau" Paula von Gunther sieht arg nach Bösewichtin-Schablone aus, was will die eigentlich? Die Weltherrschaft? Na, wahrscheinlich. Für mich waren da schon gute Ansätze drin, aber eine wirkliche Alternative oder sinnvolle Ergänzung zu anderen Wonder Woman-Origins sehe ich da leider nicht. Kann man machen, muss man nicht. Da lese ich persönlich lieber nochmal Wonder Woman: Odyssee!

Nun denn, konnte mich denn die neue Justice League Dark vom Hocker fegen? Die letzte Justice League Dark mochte ich nämlich sehr gerne!

Gut, anfangs ist hier erstmal nix mit Team-Bonding... Niemand will Wonder Woman helfen (warum eigentlich nicht?), aber ihr ahnt es schon: das ändert sich natürlich. Immerhin geht die Welt bald unter! Ganz bestimmt. Hüstel... Warum muss bei DC eigentlich immer gleich die Welt untergehen? Für mich hätte das Ende der Magie auch schon bedrohlich geklungen, aber gut.

Jedenfalls trollen sich nach und nach Zatanna, Detective Chimp, Swamp Thing, Constantine, Deadman und Man-Bat (so knuffig!) um Diana, um das Ende der Welt aufzuhalten. Also Detective Chimp und Man-Bat sind zwei wirklich gute Ideen gewesen! Die bringen gute Sprüche und einen mehr als frischen Wind in die ganze Sache. Toll!

Der Rest der Geschichte ist erzählerisch jetzt nicht wiklich mega raffiniert, aber solide erzählt. Meiner Meinung nach kommt der erste Band aber weder an die alte Justice League Dark noch an Doctor Strange heran, der sich auch schon mit dem Ende der Magie herumschlagen musste. Aber Wonder Woman, Hexen und dunkle Magie: Yoah, kann man machen! Aber eine erzählerische Perle sehe ich hier leider auch nicht. Da es sich bei Hexenstunde aber um ein Crossover handelt, besteht ja noch Hoffnung, dass es ab dem nächsten Band erzählerisch noch mehr flutscht.

Im Vorwort steht übrigens, dass ihr für den Lesegenuss gar kein Vorwissen benötigt, das würde ich so nicht unterschreiben. Wenn man Dr. Fate, Nabu oder Deadman noch gar nicht kennt, wird man hier auch nicht wirklich aufgeklärt. Just saying.

 

Wonder Woman: Erde Eins Band 2

Verlag: Panini (DC Comics)

Autor: Grant Morrison

Zeichner: Yanick paquette

Inhalt: 140 Seiten

Release: Juli 2019

Preis: 16,99 Euro

 

Justice League Dark: Hexenstunde

Autor: James Tynion IV

Zeichner: Alvaro Martinez Bueno, Emanuela Lupacchino, Jesus Merino
Inhalt: 220 Seiten (Justice League Dark 1-4 / Wonder Woman 56-57 / WW/JLD: The Witching Hour 1 /
JLD/WW: The Witching Hour 1
Release: Juni 2016
Preis: 19,99 Euro