NICK CAVE: Faszinierend! Und verwirrend. Aber nur ein bißchen.

Puh. Manchmal ist das ja so eine Sache mit den Erwartungen und der Realität... Ihr kennt das. Auch hier geht es ja um einen konkreten Fall von "War ganz anders als ich so dachte. Aber irgendwie gut". Ich hatte mich nämlich auf NICK CAVE - Mercy on me gestürzt, weil ich dachte, es handele sich hierbei um so etwas wie eine Biografie. Nacherzählung seines Lebens. Ihr wisst schon. Ist aber nicht so wirklich der Fall. Aber ach, aktuell scheint es ja sowieso Trend zu sein, bloß KEINE Biografie in Comicform zu pressen (den Fall hatten wir ja schon bei MAGRITTE). Nun.

Aber was ist der vorliegende Band dann? Tja, wenn DAS mal so einfach in Worte zu fassen wäre. Irgendwie alles. Aber nicht nichts. Aber lasst mich erklären...

Zum einen kommt es sicher darauf an, wie sehr man mit Nick Cave und seinen Werken vertraut ist. Ich war das ungefähr... sagen wir... null. Streckenweise kann ich Where The Wild Roses Grow zwar mitsingen (oder hauchen, je nachdem ob grad Kylie oder Nick dran sind), aber das war's dann leider auch schon. Der Mann ist quasi ein unbeschriebenes Blatt für mich. (Deshalb wollte ich ja mal so gerne mal was über sein Leben erfahren, nech?)

Ich als Nicht-Wissende (in Bezug auf Magritte kannte ich mich ja auch schon nicht aus, weiß ich eigentlich irgendwas?! Harhar.) & dieser Band: Das war in diesem Fall eine besonders spannede Ausgangslage, da es sich hier nicht um eine chronologische Biografie handelt, sondern sich hier das Leben und die Werke von Nick Cave auf eine verrückte (und das meine ich auch so!) Art vermischen: Eben noch steht Nick als Comicfigur im Probenraum und zofft sich mit seinen Bandkollegen und schwupps, drei Panels weiter steht da plötzlich Elisa Day und wird von Nick mit einem Stein erschlagen. Öh... Ok. Man wird immer wieder von der einen auf die andere Ebene geworfen, bis einem ganz schwindelig wird (aber praktisch, dass Nick Cave auf dem Buchrücken zitiert wird und nochmal darauf hinweist, dass er wirklich niemanden umgebracht hat.) Sehr beruhigend.

Gut. Ein paar Infos zu Nicks Leben hätten mir vielleicht hier und da geholfen, vielleicht ist es aber auch Absicht, dass es sie im Band nicht gibt, sondern im Artbook. Aha! Da gibt es nämlich sowas wie eine kleine Interpretationshilfe in Bezug auf die fiktiven Figuren ("Wer sind all die Leute?" fragt man sich ja schon mal zwischendurch. Ich zumindest.) und (endlich!) eine Mini-Biografie. Wenn man sich also mit ein wenig Vorwissen ins Getümmel schmeissen möchte, könnte das Artbook durchaus hilfreich sein. Außerdem gibt es da auch schöne Bilder. In Farbe. Juhu!

Mon Dieu, ich hab das Gefühl, Nick färbt ab... So verschachtelt ging es hier schon lange nicht mehr zu, hilfe! Jetzt aber kurz & knackig: Also für mich war das ja irgendwie ein verrückter Trip - aber irgendwie gut. Ein bißchen wie Faust in der Schule lesen: man versteht nicht alles auf Anhieb, hat aber eine Ahnung davon worum es wirklich geht. So ungefähr. Und ich befürchte, einen crazy Künstler kann man auch gar nicht 100 Prozent verstehen. Ich meine hallo, der Mann hat ein Buch mit dem Titel And The Ass Saw The Angel geschrieben. Auf Heroin. Nun. Und wenn ich bedenke, dass ich wirklich NÜSCHT über ihn wusste, war es irgendwie auch spannend, eine auf den ersten Blick verwirrende Herangehensweise zu erkunden. 

Zumindest möchte ich jetzt irgendwo in einer Bar an einem Klavier stehen. Im Hintergrund läuft Henry Lee. So. Jetzt kommt ihr! Oder auch nicht.

 

Verlag: Carlsen Comics

Von: Reinhard Kleist

Inhalt: 328 Seiten

Release: August 2017

Preis: 24,99 Euro